Die Belange des Alpenraums spielerisch erfahren

    Das Besucherzentrum des Aletsch-Campus auf Erfolgskurs

    Es sind nicht weniger als 23 Berner und Walliser Berggemeinden, die mit der Entwicklung einer Vision und der Umsetzung einer gemeinsamen Strategie alpine Geschichte schreiben. Sie bilden die Basis des im letzten September in Naters bei Brig eröffneten Besucherzentrums «World Nature Forum» des UNESCO-Welterbes Jungfrau-Aletsch.

    (Bilder: Hervé Dubois) Der Aletschgletscher im UNESCO-Welterbe Jungfrau-Aletsch

    Die herausfordernde Konstellation aus Schutz und Nutzen ist im UNESCO-Welterbe eine ständige Begleiterin. Einerseits soll die Natur geschützt sein, andererseits touristisch oder für die Wasserkraft genutzt werden können. Diese Feststellung machte Bundesrätin Doris Leuthard an der Eröffnungsfeier des «World Nature Forum» in Naters, dem einzigartigen Besucher-, Studien- und Kongresszentrum des Alpen-Welterbes.  Das Gebiet der Alpenregion Jungfrau-Aletsch wurde im Jahr 2001 von der UNESCO wegen seiner Einzigartigkeit, Schönheit und Vielfalt als eine der weltweit wertvollsten Landschaften auf die Welterbe-Liste aufgenommen. Damit wurde es mit anderen Gebieten wie dem Grand Canyon oder den Galapagosinseln gleichgesetzt.

    Die Alpen sind in Gefahr!
    Das Alpengebiet verliert als Wirtschaftsraum an Bedeutung, die Tourismusbranche tut sich schwer, die Landwirtschaft in den Berggebieten stirbt langsam aus und der Klimawandel bringt nicht abschätzbare Veränderungen mit sich. Viele Fragen konnten bis heute nicht beantwortet werden. Etwa wie wir Wiesen und Weiden bewässern werden, wenn die Gletscher verschwunden sind, oder wie stark das Gebirge durch den sich zurückbildenden Permafrost an Stabilität verlieren wird. Aber auch darüber, wie wir Bräuche, Dialekte und das Kulturgut der Berggebiete erhalten können, wenn sie sich immer weiter entvölkern.

    Die Vielfalt von Fauna, Flora und Landschaft ist in der Region Jungfrau-Aletsch grossartig: Vom mediterranen Wallis über die arktische Gebirgslandschaft bis hin zu den Laubwäldern des Berner Oberlands gibt es eine Vielzahl an Lebewesen. Jeder dieser Lebensräume weist eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt auf. Durch unbesonnenes Eingreifen bringt aber der Mensch diese Naturräume aus dem Gleichgewicht.

    Moderne Architektur und zeitgerechte Präsentation der Ausstellungsobjekte.

    Reise durch das Welterbe
    Der Campus befindet sich in einer nicht gerade attraktiven Gegend von Naters, eingeklemmt zwischen steilen Felsen und teils hässlichen Gebäuden aus der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Umso mehr fällt die gelungene Architektur der Liegenschaften auf, die den Aletsch-Campus ausmachen und in denen auch Wohnungen sowie Büro- und Gewerbeflächen untergebracht sind. Das eigentliche Besucherzentrum liegt gut sicht- und erreichbar an vorderster Front.

    Im «World Nature Forum» kann sich der Besucher einen Gesamtüberblick über die Region des Welterbes Jungfrau-Aletsch verschaffen. Er lernt die Geschichte kennen sowie die hochalpine Natur- und Kulturlandschaft verstehen. Die Ausstellung ist als eigentliches Basislager des Welterbes zu verstehen. Hier wird dem Besucher das nötige Wissen vermittelt, damit er sich im Welterbe zurechtfindet.

    Spannende Filme, interaktive Erlebnisstationen, Info-Grafiken und interessante Gegenstände erklären die Geschichte dieser grandiosen Landschaft und zeigen Zusammenhänge auf. Gleichzeitig werden die zentralen Fragen im Umgang mit diesem Naturerbe erläutert. Bei der Konzeption der Ausstellung wurde ganz offensichtlich darauf geachtet, dass alle Sinne eingesetzt werden, wobei dem spielerischen Element eine bedeutende Rolle zukommt: Es gibt viel zu sehen, zu hören, aber auch Stationen zum Anfassen und sogar zum Riechen. So können beispielsweise die verschiedenen Holzarten unserer einheimischen Bäume mit der Nase erkundet werden.

    Naturerlebnis erster Güte
    Für die Jüngsten unter den Besuchern wurde eine Geschichten-Ecke eingerichtet, wo sie unter anderem der Oberwalliser Sage des Rollibock lauschen können. Der Rollibock ist der Beschützer der Alpen, ein Freund der Tiere und Pflanzen. Er wohnt im Aletschgletscher. Jeder, der sein Reich betritt und mit der Natur respektvoll umgeht, ist ihm willkommen. Wer jedoch zur Zerstörung dieses Naturerbes beiträgt, dem geht es gewaltig an den Kragen…

    Hinreissende Naturbilder im Panoramakino.

    Ein Höhepunkt der Ausstellung bildet das Panoramakino, das mit einer Grossleinwand von 100 Quadratmetern ausgestattet ist. Darauf wird ein genialer Film gezeigt, der es dem Zuschauer ermöglicht, ein emotionales Naturerlebnis erster Güte zu erleben. Fauna, Flora und Landschaft werden mit phantastischen Aufnahmen derart hautnah präsentiert, dass sich der Besucher mitten im Jungfrau-Aletsch-Gebiet versetzt glaubt.

    Die Ausstellung ist so aufgebaut, dass sie sowohl für Kinder wie auch für Erwachsene, für Fachleute wie für Laien spannende Einblicke in dieses Gebiet gewährt. Entsprechend ist auch das Publikum durchmischt. Einzelpersonen, Mütter mit ihren Kindern, Erwachsenengruppen, Schulklassen – das ganze Spektrum der Bevölkerung ist anzutreffen.  Befragt man die Besucher, was sie von der Ausstellung halten, sind die Reaktionen durchwegs positiv. Der Publikumserfolg wird kaum ausbleiben und die angepeilte Besucherzahl von jährlich 30‘000 Interessierten dürfte bereits im ersten Betriebsjahr erreicht werden.

    Im Alpenraum verwendete Trinkgefässe von gestern und heute.

    Bildung und Forschung
    Die interaktive Ausstellung eignet sich für jede Altersstufe, ab dem Primarschulalter. Sie bildet eine ideale Plattform für Schulklassen, um den Wert des Alpenraums besser zu erkennen und die bevorstehenden Herausforderungen zu verstehen. Im Besucherzentrum können interessierte Lehrer oder Hochschuldozenten sogar Klassenzimmer reservieren. Der Campus dient aber auch der wissenschaftlichen Forschung, die in der Welterbe-Region eine lange Tradition hat. Das renommierteste Forschungszentrum befindet sich auf dem Jungfraujoch. Die Wissenschaftler arbeiten sehr eng mit dem Interdisziplinären Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt der Universität Bern zusammen.

    Informationen zum UNESCO-Welterbe Jungfrau-Aletsch und zum Besucherzentrum in Naters sind auf www.jungfraualetsch.ch zu finden.

    Hervé Dubois

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