Der 1. Juli rückt näher: Wer ist bereit für die Umsetzung der Stellenmeldepflicht?
Der Gewerbeverband Basel-Stadt warnt: Wer sich ab dem 1. Juli 2018 nicht an die Stellenmeldepflicht hält, muss mit Konsequenzen rechnen. Es gilt der Inländervorrang. Aber noch immer tappen viele Unternehmen im Dunkeln. Das wird situativ bestimmt noch für Ärger sorgen.
Mit 50,3 Prozent hat das Schweizer Stimmvolk am 9. Februar 2014 die Masseneinwanderungsinitiative gutgeheissen. Als ein Element zur Umsetzung dieses Entscheids hat der Bundesrat einen Inländervorrang für offene Stellen für Berufsarten mit überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit beschlossen. Ab dem 1. Juli 2018 müssen betroffene Arbeitgeber offene Stellen vor einer Ausschreibung dem zuständigen RAV melden und eine Sperrfrist einhalten. Wer sich nicht an die neuen Verordnungen hält, wird gebüsst. In Härtefällen können diese bis zu 40’000 Franken betragen.
Gewerbeverband Basel-Stadt informiert schon mal präventiv
Der Bundesrat hat am 8. Dezember 2017 entschieden, wie das Gesetz zur Umsetzung des Verfassungsartikels zur Steuerung der Zuwanderung (Art. 121a BV) auf Verordnungsebene umgesetzt wird. Das Gesetz sieht insbesondere die Einführung einer Stellenmeldepflicht in denjenigen Berufsarten vor, in denen die Arbeitslosenquote einen bestimmten Schwellenwert erreicht oder überschreitet. Ab dem 1. Juli 2018 gilt ein Schwellenwert von 8 Prozent und ab dem 1. Januar 2020 ein Schwellenwert von 5 Prozent. Arbeitgeber sind verpflichtet, alle zu besetzenden Stellen der betroffenen Berufsarten den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zu melden. Das RAV hat den Arbeitgebern innert drei Arbeitstagen mitzuteilen, ob passende Dossiers gemeldet sind. Die Arbeitgeber laden geeignete Stellensuchende zu einem Bewerbungsgespräch oder zu einer Eignungsabklärung ein und teilen den RAV mit, ob eine Anstellung erfolgt. Der Gewerbeverband Basel-Stadt hat seine Mitglieder noch einmal in einer Mitteilung auf die Tücken bei der Umsetzung aufmerksam gemacht, denn die meldepflichtigen Stellen unterliegen einem Publikationsverbot von fünf Arbeitstagen. Dieses beginne am Arbeitstag nach Versand der Bestätigung, dass die Stelle im Informationssystem der ALV durch die RAV erfasst wurde – unabhängig davon, ob die RAV den meldenden Arbeitgebern passende Dossiers übermitteln können. Damit erhalten die Stellensuchenden einen zeitlichen Vorsprung auf dem Stellenmarkt, den sie nutzen können, um sich rasch und aus eigener Initiative auf die freien Stellen zu bewerben, wie der Gewerbeverband schreibt. Aus diesem Grund könne der Informationsvorsprung nicht verkürzt werden, wenn die RAV keine passenden Dossiers finden.
Zusätzlich zur gesetzlichen Ausnahme (keine Meldepflicht, wenn Stellen durch Stellensuchende besetzt werden, die bei den RAV gemeldet sind) sind in der Verordnung drei weitere Ausnahmen vorgesehen. Offene Stellen müssen nicht gemeldet werden, wenn: Stellen innerhalb eines Unternehmens, einer Unternehmensgruppe oder eines Konzernes besetzt werden mit Personen, die seit mindestens 6 Monaten angestellt sind; dies gilt auch für Lernende, die im Anschluss an die Lehre angestellt werden und wenn die Beschäftigung maximal 14 Kalendertage dauert, wenn Personen angestellt werden, und wenn die betroffenen Personen mit Zeichnungsberechtigten im Unternehmen durch Ehe oder eingetragene Partnerschaft verbunden oder in gerader Linie oder bis zum ersten Grad in der Seitenlinie verwandt oder verschwägert sind.
Unter die Stellenmeldepflicht fallen per 1. Juli 2018 insbesondere die folgenden Tätigkeiten: Marketingplaner, PR-Fachleute, Fabrikmitarbeiter, Mitarbeitende der Gastronomie und Hotellerie sowie verschiedene Berufe im Bauhauptgewerbe. Insgesamt sind 19 Berufsarten tangiert. Auf diese wiederum entfällt ein Viertel aller registrierten Arbeitslosen. Ab 1. Januar 2020 wird der Schwellenwert der Arbeitslosigkeit auf 5 Prozent gesenkt und somit zusätzliche Berufsgruppen umfassen. Es ist davon auszugehen, dass dann unter anderem auch kaufmännische Berufe darunterfallen werden (Quelle: WEKA.ch).
«Bürokratische Hürden wie die Stellenmeldepflicht gefährden unseren Erfolg!»
Viele Experten melden sich nun zu Wort und warnen. So auch der Personal-Experte Michael Agoras. Er sagte in einem Interview im Fachmagazin personalSchweiz auf die Frage, ob die Stellenmeldepflicht sogar das Aufkommen von neuen Arbeitsmodellen erschweren wird und generell die Umsetzung heikel sei: «Auch wenn ich das Gefühl habe, dass wir uns immer stärker überreglementieren, stehen wir im Vergleich zum Ausland immer noch einigermassen gut da. In der Schweiz lassen wir Angebot und Nachfrage auch im Arbeitsmarkt spielen. Das Ziel muss es sein, den Arbeitsmarkt auch in Zukunft so liberal als möglich zu belassen. Ich persönlich finde, dass die Masseneinwanderungsinitiative eine sinnlose «Verbürokratisierung» veranstaltet und die Treiber einer prosperierenden Volkswirtschaft ignoriert sowie unsere Wohlfahrt abbremsen wird. Bürokratische Hürden wie die Stellenmeldepflicht gefährden unseren Erfolg. Wir brauchen Fachkräfte und Spezialisten aus dem Ausland, das ist eine Tatsache.»
Tatsache ist auch, dass nun viele Betroffene sich rasch in die Materie einarbeiten müssen. Praxisfälle und Fragen aus dem Arbeitsrecht fordern Personalverantwortliche nun täglich immer mehr zusätzlich aufs Neue. In Seminaren mit Titeln wie «Arbeitsrecht Refresher» www.praxisseminare.ch/seminare/personal/arbeitsrecht/event/456-arbeitsrecht-refresher/ (Quelle: WEKA, praxisseminare.ch) befasst man sich mit den wichtigsten Themen im Arbeitsrecht wie beispielsweise die Umsetzung der Stellenmeldepflicht.
JoW