«Fast jede fünfte Kontrolle deckt einen Verstoss auf!»

    Der Kernauftrag der Arbeitsmarktkontrolle für das Baugewerbe AMKB besteht unter anderem aus Schwarzarbeitskontrollen, Prävention und in der aktuellen Situation Hygienekontrollen. Cosima Thurneysen, MLaw, Geschäftsführerin a.i, über Nulltoleranz bei Missbräuchen, die Reorganisation respektive den Zusammenschluss mit der Baustellenkontrolle Basel BASKO, das digitalisierte Kontrollsystem und die Anforderungen von Bund und Kantonen.

    (Bild: zVg) Die AMKB hat im 2020 etwa 1500 Baustellenkontrollen und rund 850 Hygienekontrollen durchgeführt

    Werfen wir zuerst einen Blick zurück: Was waren die grössten Herausforderungen im letzten Jahr für die Arbeitsmarktkontrolle für das Baugewerbe AMKB?
    Cosima Thurneysen: Die grösste Herausforderung war natürlich auch für uns der Umgang mit der Pandemie. Am 19. März 2020 wurden wir durch den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beauftragt, Hygienekontrollen auf den Baustellen durchzuführen. Nur einen Tag später führten wir die ersten Überprüfungen durch.

    Dann haben die Hygienekontrollen die sonstigen Aufgaben also verdrängt?
    Nein, sie haben unsere sonstigen Aufgaben ergänzt. Da wir sowieso auf den Baustellen im gesamten Kantonsgebiet unterwegs sind, um Gesamtarbeitsvertrag- und Schwarzarbeitskontrollen durchzuführen, war es die effektivste und effizienteste Lösung, uns ebenfalls mit den Hygienekontrollen zu beauftragen.

    Auch Ihre Präventionskampagne stand letztes Jahr im Zeichen der Pandemie. Warum ist Ihnen die Prävention so wichtig?
    Prävention ist uns deshalb so wichtig, weil wir damit verhindern können, dass Verstösse überhaupt geschehen. In der Pandemie müssen die Hygiene- und Distanzvorschriften eingehalten werden. Damit richten wir uns direkt an Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf dem Bau. Aber auch die Sensibilisierung der Bevölkerung ist wichtig. Das trägt dazu bei, dass gegenüber Missbräuchen Nulltoleranz besteht.

    Was sind denn normalerweise die Hauptaufgaben der AMKB?
    Unser Kernauftrag ist die Durchführung von Schwarzarbeitskontrollen im Baugewerbe im Auftrag des Kantons sowie Kontrollen zur Einhaltung von Gesamtarbeitsvertrags- und Entsendebestimmungen im Auftrag von verschiedenen Paritätischen Kommissionen und die Prävention.

    In welchen Branchen kontrolliert die AMKB die Arbeitsbedingungen?
    Es handelt sich um das Elektro­gewerbe, den Metallbau und die Gebäudetechnikbranche. Schwarzarbeits-Kontrollen nehmen wir aber auch im Bauhauptgewerbe vor. Seit neuestem sind wir beispielsweise auch mit der Durchführung von Kontrollen im Coiffeurgewerbe beauftragt.

    Wie viele Kontrollen haben Sie 2020 durchgeführt?
    Wir haben im 2020 etwa 1500 Baustellenkontrollen und rund 850 Hygienekontrollen durchgeführt. Daraus resultierten über 1000 Betriebskontrollen.

    Gab es viele Verstösse gegen Schwarzarbeit, GAV-Vorgaben und das Entsendegesetz?
    Leider gibt es trotz intensiver Kontrolltätigkeit weiterhin viele Verstösse – sowohl im Bereich der Schwarzarbeit, als auch gegen GAV- und Entsendevorgaben. Fast jede fünfte Kontrolle deckt einen Verstoss auf: Bei der Schwarzarbeit lag die Verstossquote 2020 bei rund 16 Prozent, etwas tiefer als im Vorjahr. Bei rund 18 Prozent der GAV- und Entsendekontrollen decken wir Verstösse auf. Dort ist die Quote leicht angestiegen.

    Bund und Kantone stellen immer höhere Anforderungen an den Vollzug. Wie spüren Sie das respektive wie reagieren Sie darauf?
    Wir erleben diese Entwicklung direkt im Kontakt mit unseren Auftraggebern, den Kantonen und Paritätischen Kommissionen. Wir reagieren aber nicht auf äusseren Druck, sondern erkannten schon früh selbst, dass die weitere Professionalisierung des Vollzugs notwendig ist. Dies kann man nach unserer Erfahrung nach nur, wenn man branchen- und themenübergreifend kontrollierende Kompetenzzentren schafft. Genau das kann die AMKB leisten. Einen wichtigen Schritt in diese Richtung haben wir im vergangenen Jahr mit dem Zusammenschluss mit dem Basler Kontrollverein gemacht. In diesem Rahmen überprüften und optimierten wir auch unsere Prozesse.

    Dieser Zusammenschluss mit der Baustellenkontrolle Basel BASKO wurde anfangs 2020 vollzogen. Können Sie eine erste Bilanz ziehen?
    Wie bereits erwähnt, war der Zusammenschluss ein wichtiger Schritt in Richtung Professionalisierung der Kontrolltätigkeit. Das erlaubt uns, in der ganzen Region einen noch grösseren Beitrag für den Lohnschutz und für gleich lange Spiesse für KMU zu leisten.Obwohl die Pandemie die Umsetzung des Zusammenschlusses nicht einfacher machte, können wir heute bereits eine positive Bilanz ziehen: Die Kontrollen konnten praktisch nahtlos weitergeführt werden, die Qualität stimmt. Wir wollen im laufenden Jahr die Zusammenarbeit mit den Paritätischen Kommissionen weiter vertiefen, um unseren Auftrag noch besser erfüllen zu können.

    (Bild: zVg) Pandemie als Herausforderung im Baugewerbe: Die AMKB führt regelmässig Hygienekontrollen auf den Baustellen durch.

    Wie stark arbeiten Sie mit digitalisierten Kontrollsystemen und was sind die Vorteile?
    Seit mehr als einem Jahr setzen wir das digitalisierte Kontrollsystem baticontrol ein. Der grosse Vorteil ist, dass sämtliche Kontrolldaten – auch jene älteren Kontrollen – in Echtzeit zur Verfügung stehen. Das heisst: Wenn einer unserer Kontrolleure am Morgen eine Kontrolle durchführt, hat er die ganze Vorgeschichte eines Unternehmens oder eines Arbeitnehmers mit dabei. Und ich kann praktisch zeitgleich die Befragung bei mir im Büro abrufen, sollte beispielsweise der kontrollierte Arbeitgeber anrufen und noch Rückfragen haben. Ein weiterer Vorteil ist die Vereinfachung des Datenaustauschs. Da wir viele verschiedene Auftraggeber haben, ist dies besonders wichtig. So können wir dem Auftraggeber ein Dossier einfach über die IT-Anwendung freigeben. Dank der Digitalisierung verfügen wir also immer über vollständige Informationen und können gleichzeitig effizienter arbeiten.

    Am 7. März entscheidet das Stimmvolk über zwei neue Gesetze zur Arbeitsmarktkontrolle, die im Landrat stark umstritten waren. Was ist die Haltung der AMKB?
    Die AMKB ist ein sozialpartnerschaftlich organisierter Verein, der Kontrollen für verschiedene Auftraggeber durchführt. Unsere Aufgabe ist die Durchführung von professionellen, effektiven und effizienten Kontrollen und wir sind dankbar, wenn dafür eine gute gesetzliche Grundlage vorliegt. Aber wir mischen uns nicht in die Politik ein und äussern uns deshalb auch nicht zur Abstimmung.

    Liegt die Leistungsvereinbarung mit der AMKB für die Jahre 2021 bis 2024 bereits vor, und was bedeutet das für Ihre Arbeit und das Baugewerbe?
    Aufgrund der oben angesprochenen Abstimmung wurde diese Leistungsvereinbarung noch nicht abgeschlossen. Der Kanton hat jedoch die Leistungsvereinbarung für das Jahr 2020 mit der AMKB bis Juni 2021 verlängert. Eine über mehrere Jahre gültige Leistungsvereinbarung ist für die AMKB natürlich erstrebenswert, da dadurch eine viel höhere Planungssicherheit erreicht wird. Dies ermöglicht auch längerfristig planbare Projekte, gerade in der Präventionstätigkeit, aber auch bei der Durchführung der Kontrollen.

    Was wünschen Sie sich bezüglich der AMKB für dieses Jahr?
    Ich wünsche mir, dass wir unsere Reorganisation gut abschliessen können, dass die Umsetzung der verbesserten Prozesse den gewünschten Effekt bringt, und dass wir weiterhin für unsere jetzigen Auftraggeber und möglicherweise auch für weitere gute Arbeit leisten dürfen. Persönlich wünsche ich mir, wie wahrscheinlich alle, dass wir dieser Pandemie Herr werden und bald zu einem halbwegs normalen Leben zurückkehren können.

    Interview: Corinne Remund


    Die AMKB kurz erklärt

    Die AMKB wurde im Jahr 2017 als unabhängiger Kontrollverein von den Sozialpartnern gegründet. Er ist im Handelsregister eingetragen. Mitglieder des Vereins sind die Unia, der Gewerkschaftsbund Baselland, die Syna und die Wirtschaftskammer Baselland.
    Der Verein wird von einem achtköpfigen paritätisch organisierten Vorstand geführt. Dem Vorstand steht ein paritätisch organisiertes Co-Präsidium vor. Das Co-Präsidium besteht derzeit aus Manuel Käppler (als Vertreter der Unia) und Hannes Jaisli (als Vertreter der Wirtschaftskammer Baselland).Die AMKB hat derzeit 11 Mitarbeiter. Diese sind alle direkt beim Verein angestellt.
    Die AMKB führt im Auftrag verschiedener Auftraggeber Kontrollen auf Einhaltung der Gesamtarbeitsverträge (GAV) und Schwarzarbeitskontrollen im Baugewerbe durch. Diese Kontrollen werden in den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt durchgeführt. Der Kanton Basel-Landschaft und die AMKB haben für die Jahre 2017 – 2020 (verlängert bis Juni 2021) eine Leistungsvereinbarung unterzeichnet. Mit dieser beauftragt der Kanton die AMKB mit dem Vollzug von risikoorientierten und themenübergreifenden Arbeitsmarktkontrollen im Bauhaupt- und Baunebengewerbe. Die Zentrale Paritätische Kontrollstelle, ZPK hat die AMKB mit der Durchführung sämtlicher Kontrollen beauftragt, welche in den Geltungsbereich des GAV-Ausbau fallen. Ausserdem führt die AMKB seit 2020 im Auftrag mehrerer Paritätischer Kommissionen im Kanton Basel-Stadt Kontrollen durch. Zudem hat sie Auftraggeber aus dem Bereich des Baugewerbes und weiteren Branchen.

    Weitere Infos: www.amkb.org

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