Schweizer Berghilfe rüstet First Responder aus

    Joél Rumo feiert dieses Jahr zweimal Geburtstag. Wegen eines undiagnostizierten Herzfehlers erlitt der 23-Jährige vor einem knappen Jahr einen Herzstillstand. Ein Mitglied des Vereins First Responder Plus im Freiburger Bezirk Sense war innert Minuten vor Ort und konnte ihn reanimieren. Nur weil die Rettungskette so gut funktioniert hat, ist Joél heute am Leben. Um weitere Leben zu retten, unterstützt die Schweizer Berghilfe den Auf- und Ausbau von First Responder Gruppen im Berggebiet.

    (Bild: zVg / Schweizer Berghilfe) Regelmässige Weiterbildung ist das A und O für den Erfolg der First Responder

    Es geschah am 23. April 2018. Der junge Zimmermann Joél Rumo war in Plasselb im Freiburger Oberland an einer Zivilschutzübung. Ein kleiner Bach sollte umgeleitet werden. Plötzlich fühlte sich Joél komisch. Er setzte sich hin – und kippte vor den Augen seiner Kollegen um. Herzstillstand, ein angeborener Herzfehler, von dem bislang niemand wusste. Die Kollegen reagierten richtig. Einer fing sofort mit Herzmassage an, ein anderer wählte die Nummer 144. Die Notfallzentrale bot die Ambulanz auf, gleichzeitig aber auch die Notfallhelfer des Vereins First Responder Plus im Freiburger Bezirk Sense. Auf Markus Stempfels Smartphone ging ein Alarm los. Stempfel, der im benachbarten Plaffeien arbeitet, schnappte sich seinen Notfallrucksack mit dem Defibrillator drin, zog sein Leuchtgilet an und schwang sich auf seinen Roller. Knapp fünf Minuten später war er bereits vor Ort. Er stellte den Herzstillstand fest und setzte den Defibrillator ein. Zweimal musste er «schocken», also das stehengebliebene Herz mit einem Stromstoss «anschieben», dann war Joél wieder unter den Lebenden. Inzwischen war die Ambulanz angekommen und übernahm. Joél kam ins Spital, lag mehrere Tage im Koma. Doch er wachte wieder auf und trug durch das schnelle Handeln aller Beteiligten auch keinerlei Folgeschäden davon.

    Ausrüstung ist teuer
    Ohne das perfekte Funktionieren der Rettungskette und den Verein First Responder Plus wäre Joél heute nicht mehr am Leben. Der Verein wurde 2014 mit Unterstützung der Ambulanz und Rettungsdienst Sense AG auf Initiative des Rettungssanitäters Mo El Attar gegründet. «Hier im Freiburger Oberland kann es wie in vielen Berggebieten topographiebedingt vorkommen, dass es bis zu einer halben Stunde dauert, bis wir mit der Ambulanz vor Ort sind. Gerade bei Herzversagen zählt aber jede Minute», erklärt er. Die Idee hinter den First Respondern: Gut geschulte Laien unterstützen die professionellen Rettungskräfte. Damit sie diese Aufgabe wahrnehmen können, müssen sie aber nicht nur gut ausgebildet und von der Notrufzentrale direkt aufgeboten werden. Sie müssen auch über die nötige Ausrüstung verfügen. Bei den First Respondern Sense hat jedes der gut 20 Mitglieder einen eigenen Notfallrucksack samt Defibrillator und Sauerstoff, den sie möglichst oft mit dabei haben. Im Auto, im Büro, zu Hause. So ein Rucksack kostet rund 5000 Franken. Die Kosten, um eine neue First Responder Gruppe ins Leben zu rufen, sind also beträchtlich.

    Dank Berghilfe Material zum halben Preis
    Die First Responder Plus wurden bei ihrer Gründung von der Schweizer Berghilfe unterstützt, um Material kaufen zu können. Ebenfalls unterstützt wurden ähnliche Gruppen im Oberwallis und im Bündner Albulatal. Damit an möglichst vielen weiteren Orten im Berggebiet solche Gruppen entstehen können, leistet die Schweizer Berghilfe unkompliziert Hilfe. Die Stiftung ist dafür eine neue Partnerschaft mit dem Interverband für Rettungswesen (IVR) und dem Schweizerischen Samariterbund (SSB) eingegangen. Ab sofort können First Responder Gruppen aus dem Berggebiet über den Webshop des SSB Notfallausrüstung 50 Prozent vergünstigt beziehen. «Damit wollen wir bestehende und künftige First Responder Gruppen im Berggebiet direkt fördern», sagt Raphael Jaquet, der bei der Berghilfe für das Projekt zuständig ist. Voraussetzungen sind lediglich, dass die Gruppe mehrheitlich im Berggebiet aktiv und an die Notfallnummer 144 angeschlossen ist. Dies garantiert auch einen einheitlichen Qualitätsstandard der First Responder.

    Notfall bringt Nachwuchs
    Im Fall von Joél hat die Zusammenarbeit bestens funktioniert. Die First Responder Plus haben ein Leben gerettet. Und gleichzeitig neuen Nachwuchs erhalten: Phil Cotting, der ebenfalls an der Zivilschutzübung teilgenommen und Joéls Zusammenbruch miterlebt hatte, war von der Arbeit des Vereins dermassen beeindruckt, dass er sich entschlossen hat, selbst zum First Responder zu werden. Vor zwei Wochen hat er bei den First Respondern Plus die Abschlussprüfung abgelegt und sein Diplom erhalten. Bald schon wird auch er seinen grossen, roten Notfallrucksack immer in der Nähe haben. Und vielleicht eines Tages ein Leben retten.

    pd

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